Fearless Schule

Schule und Bildung sind in den vergangenen Monaten ins Zentrum der Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit gerückt. ‚Endlich’, könnte man sagen, denn da läuft im Land der Dichter und Denker, der Ingenieure und Erfinder so Einiges nicht ganz rund. „Jugend ist Zukunft und wenn wir über Nachhaltigkeit reden, sollten wir verstehen, dass Bildung die nachhaltigste Ressource für eine Gesellschaft ist,“ erklärt Bernd Gebert, Gründer von Das macht Schule, einer gemeinnützigen Organisation, die sich um die wirksame Förderung von Partizipation in Praxisprojekten in der Schule bemüht. Dabei soll durch Erfahrungen in Praxisprojekten ge- und erlernt werden, um demokratische und partizipative Werte und Kompetenzen zu vermitteln. Bernd Gebert ist Ashoka-Fellow und ‚Das macht Schule‘ ist Gründungsmitglied im Bundesverband Innovativer Bildungsprogramme (BIB) und unter anderem Mitglied im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland.
Im Fearless Culture Podcast Interview sprechen Bernd Gebert, Gründer von Das macht Schule, und ich über Bildung, Praxisprojekte Teilhabe, Fehler und nötige Reformen im deutschen Schulwesen. Bernd hat schon früh ein Händchen dafür entwickelt, wie man Menschen mit guten Anleitungen ins Handeln bringt. In seiner ersten Karriere war er „Gebrauchsanweisungspapst“ mit einer eigenen Agentur, bevor er zum Social Entrepreneur wurde. Ihm ist wichtig, die Grundtugenden jeder demokratischen Gesellschaft –  Eigeninitiative, Verantwortung und Gemeinsinn –  bereits bei Jugendlichen zu fördern und zugleich die individuelle Potenzialentfaltung der jungen Menschen zu fördern.
Bernd Gebert

Bernd Gebert

Das macht Schule

Gründer von  Das macht Schule, Ashoka-Fellow, Gründungsmitglied im Bundesverband Innovativer Bildungsprogramme (BIB) und unter anderem Mitglied im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland

Podcast-Interview

Fearless Schule

Bernd Gebert, Gründer von  ‚Das macht Schule‘, Ashoka-Fellow, Gründungsmitglied im Bundesverband Innovativer Bildungsprogramme (BIB) und unter anderem Mitglied im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland, spricht mit mir im FearlessCulture Podcast über Gemeinwohl, Bildung, Digitalisierung, überholte Systeme, Fehlerkultur und die Kraft guter Ideen.

Die Organisation von Schule in Deutschland ähnelt dem Militär – oder der Mafia

Kann Politik überhaupt den Herausforderungen und den Anforderungen von Bildung gerecht werden? „Wer sich mit verschiedenen Führungssystemen auseinandersetzt, wird feststellen, dass bei uns Schule ebenso streng hierarchisch organisiert ist wie beispielsweise das Militär oder die Mafia,“ führt der Social Entrepreneur aus und erklärt: „Oben sitzt einer, der sagt: So wird’s gemacht! und die anderen sind gewohnt, nur zu kuschen. Denen wird sämtliche Eigeninitiative, sämtliche Verantwortungsübernahme abtrainiert – über Jahre und Jahrzehnte. Vielleicht war das zu Bismarcks Zeiten richtig. Jetzt ist es mit Sicherheit total falsch. Wir müssen die Eigenverantwortung in Schule zurückbringen. Wir müssen Schulleitungen wieder den Raum geben, den sie brauchen, Schule richtig zu machen.“
„Wir brauchen die gesellschaftliche Anerkennung, dass Lehrkraft ein toller Job ist und dass an Schulen auch Lehrkräfte Freiräume kriegen und nicht eingeengte Konzepte, wo sie verschiedene Sachen gar nicht machen dürfen. Lehrkräfte haben heutzutage das Problem, dass sie sich für die Durchführung eines Praxisprojektes sozusagen an ihrem Lehrerarbeitszeitmodell vorbeimogeln müssen.
Die Kultusministerkonferenz redet schon seit ungefähr 20 Jahren darüber, dass Handlungskompetenzen an Schule kommen müssen. Irgendwann hat man festgestellt: Die Demokratie ist in Gefahr. Wir müssen Demokratiekompetenzen fördern. Aber man kriegt es eben nicht gebacken, weil man es nicht von oben herab machen kann. Weil Schule eben nicht die Mafia ist und weil Schule eben nicht das Militär ist. Schule ist eben etwas ganz anderes – da sollen sich Menschen entfalten. Wo sich aber Menschen entfalten sollen, müssen auch diejenigen, die den jungen Menschen bei der Entfaltung helfen sollen, sich entfalten können und dürften. Nicht per Diktion von oben angewiesen. Das funktioniert so alles nicht und dieses System steht gerade in Frage. Die Pandemie hat es auf den Tisch gebracht, alle haben es inzwischen begriffen.“
Bildung ist die nachhaltigste Ressource unserer Gesellschaft
„Die Frage warum Schule auf fremde Organisationen angewiesen ist, und praxisrelevante Projekte sich nicht aus sich selbst heraus entwickeln, ist mehr als berechtigt,“ gesteht auch Bernd im Interview. „Als ich vor vierzehn Jahren angefangen habe, dachte ich: ‚In fünf Jahren bist du mit dem Thema durch.‘ Aber die Probleme sind immer nur größer geworden. Nimm den sogenannten Digitalpakt, wo die Bundesregierung 2018 beschlossen hat, fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung an Schulen zu bringen. Es ging aber nicht um Endgeräte oder ähnliches, sondern um Infrastruktur. Und letztendlich sind erst wenige Millionen davon geflossen. Dann gab es die Pandemie und man stellte fest, dass Endgeräte fehlen. Der zweite Weckruf. Jetzt sollte es 500 Millionen Euro Soforthilfe geben. Die sind dann leider irgendwie auch nicht angekommen. Jetzt kürzlich: Zusätzliche 500 Millionen Euro, um Administratoren an die Schule zu bringen, plus nochmal 500 Millionen für Schülerlaptops. Funktioniert irgendwie auch nicht richtig“, beschreibt Bernd das Dilemma der Digitalisierung deutscher Schulbildung.
Wenn nicht Gemeinwohl-orientierte Organisationen Angebote schaffen, um den Herausforderungen zu begegnen, wird es wahrscheinlich noch dunkler in der deutschen Bildung.  „Denn neben dem Digitalisierungs-Versäumnis kommt hinzu, dass wir zusätzlich einen Renovierungsstau in Schulen haben, der sich auf ungefähr 50 Milliarden Euro beläuft. Die Zahlen differieren ziemlich, aber man kann mit rund 50 Milliarden rechnen,“ erklärt der Ashoka-Fellow. „Das geht alles so nicht, denn Jugend ist Zukunft und wenn wir über Nachhaltigkeit reden, dann müssen wir über Bildung reden. Bildung ist die nachhaltigste Ressource unserer Gesellschaft und wenn wir das verpennen, dann sind wir bald eine Bananenrepublik,“ so Bernd.

Diese Seite verwendet Cookies.

Mehr Infos

You have Successfully Subscribed!